TIM - tax in motion - Dezember 2013 - page 19

Scheinselbstständigkeit
ist keine Bagatelle.
Wenn sie festgestellt wird, kann das besonders für den Auftraggeber gravie-
rende finanzielle und rechtliche Folgen haben. Ein Statusfeststellungsverfah-
ren bringt Rechtssicherheit.
Wenn ein Selbstständiger im Wesentlichen
nur für einen einzigen Auftraggeber arbeitet
ist er Scheinselbstständig.
Relevant ist dies insbesondere bei freien
Mitarbeitern und Subunternehmern.
Dem Auftraggeber drohen Nachzahlung
und Geldstrafe.
Die Fehleinschätzung eines Unternehmers,
eine solche Person als Selbstständige einzu-
stufen, kann gravierende finanzielle und
rechtliche Folgen für ihn und sein Unterneh-
men haben. Denn dann werden die gesetz-
lich vorgeschriebenen Sozialversicherungs-
beiträge, die oft über Jahre nicht entrichtet
wurden, auf einen Schlag als Nachzahlung
fällig. Darüber hinaus macht sich der Auf-
traggeber unter Umständen sogar strafbar,
wenn das vorsätzlich geschieht. Dann dro-
hen hier zusätzlich noch empfindliche Geld-
strafen. Nicht wenige haben diese Zahlungen
sogar schon in die Insolvenz getrieben.
Arbeitsrechtliche Aspekte.
Ein Scheinselbstständiger kann vor dem Ar-
beitsgericht gegebenenfalls seinen Arbeit-
nehmerstatus einklagen. Erhält er diesen,
hat er damit auch alle arbeitsrechtlichen
Rechte und Pflichten eines abhängig Be-
schäftigten, wie z. B. Lohnfortzahlung und
Urlaub.
Statusfeststellungsverfahren
bringt
Rechtssicherheit.
Beide, Auftragnehmer als auch Auftragge-
ber können bei der Clearingstelle der Deut-
schen Rentenversicherung Bund, der die
Prüfung der Sozialversicherungspflicht ob-
liegt, für klare Verhältnisse sorgen. Ansons-
ten droht, dass die Behörde einer
Scheinselbstständigkeit durch den Betriebs-
prüfdienst der Rentenversicherungsträger
auf die Schliche kommt. Diese Prüfungen
werden übrigens regelmäßig durchgeführt
– sehr oft mit dem Ergebnis dass eine „ab-
hängigen Beschäftigung“ vorliegt, mit allen
oben beschriebenen Konsequenzen. Es
empfiehlt sich deshalb, mit Beginn der Be-
schäftigung ein Statusfeststellungsverfah-
ren durchzuführen.
Welches sind die maßgeblichen Kriterien
der Prüfer?
Die Prüfer der Rentenversicherung schauen
ganz genau hin, sobald mindestens fünf
Sechstel des Umsatzes von einem Auftrag-
geber stammen und der scheinbar Selbst-
ständige weisungsgebunden hinsichtlich
Ort und Zeit der Tätigkeit ist. Auch wenn der
freie Mitarbeiter Arbeiten durchführt, die er
früher schon im Unternehmen als festange-
stellter Mitarbeiter erledigt hat, liegt eine
Scheinselbstständigkeit nahe.
Was ist für den Selbständigen steuer-
rechtlich zu beachten?
Steuerrechtlich sollte der Status der Schein-
selbstständigkeit mit dem zuständigen Fi-
nanzamt geklärt werden. Dies kann durch
eine Lohnsteueranrufungsauskunft gesche-
hen. Hier müssen Scheinselbstständige be-
achten, dass sie als Arbeitnehmer den
lohn-/ einkommensteuerrechtlichen Rege-
lungen unterliegen und durch diese Tätig-
keit keine Einkünfte aus Gewerbebetrieb
erzielen.
Ein Beispiel
Herr S. arbeitete als Redakteur für mehrere
Auftraggeber auf freiberuflicher Basis. Mit
der Zeit steigerte sich das Volumen bei ei-
nem Auftraggeber, sodass er nur noch für
diesen tätig war. Dabei verlagerte er seinen
Arbeitsplatz in den Verlag, vereinbarte mit
dem Auftraggeber eine Vollzeittätigkeit und
erhielt täglich Aufträge. In diesem Fall lag
ab der Eingliederung in den Verlag eine Ar-
beitnehmertätigkeit vor. Der Arbeitgeber
haftete für die Einbehaltung und Abführung
der Abgaben. Als Bemessungsgrundlage
wurde das bezahlte Entgelt als Nettolohn
zugrunde gelegt. Folge: eine Nachzahlung
an Sozialversicherungsbeiträgen und Lohn-
steuer von über 100 %!
Bettina Melzer
Bilanzbuchhalterin
07821/9183-125
Steuern
Q
19
1...,9,10,11,12,13,14,15,16,17,18 20,21,22,23,24
Powered by FlippingBook