TIM - tax in motion - November 2015 - page 6

wiederholen, bis er sie wirklich
intus hat. Also nicht nur zwei-, dreimal pro-
bieren und es dann gut sein lassen, sondern
so lange einstudieren bis man es wirklich ge-
lernt hat. Und wenn ich über die Selbstbeloh-
nung des ersten Erfolgs hinaus die Handlung
immer weiter wiederhole, dann werden diese
Handlungen zu Routinen und sind überhaupt
nicht mehr schwierig.
So haben wir alle laufen, lesen, schreiben
und rechnen gelernt, so haben wir gelernt,
uns die Schnürsenkel zu binden. So haben
wir unser ganzes Leben aufgebaut.
TIM: Welche Motivationsmaßnahmen sind
aus Ihrer Sicht oft wohlgemeint, aber lau-
fen ins Leere?
Dr. Stefan Frädrich:
Also das sind die klassi-
schen Zuckerbrot-und-Peitsche-Methoden.
Zuckerbrot, also irgendwelche Incentives,
sind zusätzliche Anreize für Leistungen.
Mittlerweile weiß man, dass in einer Wissens-
gesellschaft Extra-Anreize häufig dazu füh-
ren, dass man zusätzliches Engagement nur
noch bringt, wenn man dafür Sonderbeloh-
nungen bekommt. Eigentliche intelligente
Leistungen haben heutzutage jedoch eher
damit zu tun, dass man in aller Ruhe und ei-
nigermaßen locker in eine Richtung denkt
und handelt, auf Ideen kommt und diese mit
der Realität verknüpft.
Vita
Stefan Frädrich wude
1972 in Aachen ge-
boren, studierte in
Ulm Medizin und ar-
beitete nach der Pro-
motion als Arzt in
der Uniklinik für Psy-
chiatrie und Psycho-
therapie in Ulm. Seit
2003 ist er als Trai-
ner, Coach und Con-
sultant erfolgreich
und schrieb einige
Bücher, darunter Best- und Longseller. Stefan Frädrich erfand das
Motivationsmaskottchen „Günter, der innere Schweinehund“ und
entwickelt erfolgreiche Seminare.
2012 begann er mit „GEDANKENtanken“, einer neuen Eventreihe
und Internetplattform, auf der sich – nomen est omen – gute Gedan-
ken tanken lassen. Seit 2013 führt Dr. Frädrich darüber hinaus mit
der GEDANKENtanken-Akademie im gesamten deutschprachigen
Raum Führungskräftetrainings durch. Seit 2014 bildet GEDANKEN-
tanken zum „Management-Trainer“ aus. 2015 gründete GEDANKEN-
tanken mit der Steinbeis Hochschule Berlin das Transferinstitut
GEDANKENtanken.

Werden jedoch Belohnungen für gewisse
Leistungen in Aussicht gestellt, führt das oft
dazu, dass Menschen so eine Art Tunnelblick
bekommen und selbst naheliegende Lösun-
gen nicht mehr erkennen.
Genauso schlecht ist übrigens Variante Num-
mer zwei, Menschen zu bestrafen für schlech-
te Leistungen. Dies führt meistens systemisch
dazu, dass gute Mitarbeiter aus dem Team
fliehen und die Schlechten, dadurch, dass sie
mehr Druck bekommen, noch lange nicht
bessere Leistung bringen, sondern einfach
nur ein wenig mehr leiden.
TIM: Was würden Sie Change-Managern
empfehlen, damit sie ihre Mannschaft
richtig motivieren können?
Dr. Stefan Frädrich:
Es geht in erster Linie
darum, die grundsätzliche Haltung einzu-
nehmen, dass Menschen ohnehin von sich
aus motiviert sind. Wenn man einem Change-
Manager sagt „Du musst das Team jetzt
motivieren“, dann lädt man ihm enorm
viel Verantwortung auf die Schultern und
das Team erkennt schnell diesen Auftrag.
Aber genauso funktioniert es eben nicht.
Es läuft vielmehr so, dass jeder einzelne
selbst Verständnis für das Projekt entwickeln
sollte. Wenn der Change-Manager also etwas
machen kann, dann ist es, den Gesamt-
rahmen zu verändern, Projekte zurecht-
zurren und allen Beteiligten die notwendigen
Informationen zur Verfügung zu stellen,
um selbst zu erkennen, warum gewisse
Dinge jetzt anders gemacht werden sollen
als vorher.
TIM: Sie haben Ihrem inneren Schweine-
hund einen Namen gegeben: „Günter“.
Ist es leichter, seinen inneren Schweine-
hund zu überwinden, wenn man ihn
„ansprechen“ kann?
Dr. Stefan Frädrich:
Ich habe ihn tatsächlich
Günter genannt, um aus einem abstrakten
inneren Monster eine Art netten Kumpel zu
machen. So kann man ihn ein bisschen visu-
alisieren, ein wenig verniedlichen – und gibt
ihm dadurch Macht. Wir Menschen haben
teilweise ein recht harsches inneres Selbst-
gespräch. Du musst, du solltest, du kannst
das nicht. Wenn man aber konstruktiv mit
sich selbst spricht und sich in Gedanken so
aufmuntert, wie man das bei Freunden tut,
dann glaube ich, dass man im Leben voran-
kommt. Und da Günter mein Zweitname ist,
habe ich meinen inneren Schweinehund
eben so genannt.
6 Titelthema
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