05. Nov 2021
Oft wird die Gründung einer Holdinggesellschaft von dubiosen Anbietern als Modell zum Steuernsparen und Vermögensaufbau propagiert. Doch Vorsicht ist geboten! Nicht immer macht das tatsächlich Sinn.
Aktuell erhalten wir viele Anfragen zur Beratung rund um Holdinggesellschaften. Hintergrund sind eine Vielzahl von Veröffentlichungen sog. „Experten“ die auf verschiedenen Websites und YouTube-Kanälen Strategien zum Vermögensaufbau durch Steuerersparnis propagieren.
Ziel dieser oft sehr reißerischen Darstellungen (z.B.: „Wie Du nur 0.75 % Steuern zahlst“) ist in vielen Fällen nicht die objektive Wissensvermittlung. Vielmehr wollen diese Anbieter den Interessenten verschiedene Kurse oder Seminarpakete rund um das Thema „Steuern sparen“ verkaufen.
Seminartage mit allgemeinen Tipps kosten oft mehrere Tausend Euro. Besonders pikant bei vielen Anbietern ist, dass diese keine Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwälte sind und damit auch keine Zulassung zur steuerlichen Beratung haben.
Fast jeder dieser Anbieter empfiehlt den Teilnehmenden die Gründung einer Holdinggesellschaft in Form einer GmbH oder UG (haftungsbeschränkt).
Wir wollen an dieser Stelle die Möglichkeit nutzen um die Vor- und Nachteile des Holdingmodells zu erläutern und herauszuarbeiten, für wen sich die Gestaltung tatsächlich lohnt.
Grundsätzlich geht es darum, die systembedingte steuerliche Freistellung von ausgeschütteten Gewinnen zwischen zwei Kapitalgesellschaften (Mutter- und Tochtergesellschaft) für Zwecke der Vermögensbildung und Risikoabsicherung zu nutzen. Daneben werden solche Strukturen genutzt, um Unternehmens- oder Beteiligungsverkäufe mit einer geringstmöglichen Steuerbelastung zu realisieren.
Zum 01.01.2001 trat die Reform der Unternehmensbesteuerung durch das „Gesetz zur Senkung der Steuersätze und zur Reform der Unternehmensbesteuerung (StSenkG)“ in Kraft. Diese Reform brachte neben einer deutlichen Absenkung der nominellen Steuersätze für Kapitalgesellschaften in erster Linie den körperschaftsteuerlichen Systemwechsel weg vom sog. „Vollanrechnungsverfahren“ hin zum „Halbeinkünfteverfahren“. Das Holding-Modell existiert somit seit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens im Jahr 2001.
Dieses Besteuerungssystem sieht vor, dass Kapitalgesellschaften selbständig und unabhängig ihrer Gesellschafter besteuert werden. Sie bezahlen 15% Körperschaftsteuer und je nach Gemeinde ca. 13-15% Gewerbesteuer, in Summe also ca. 30% Steuern auf den erwirtschafteten Gewinn. Wird der Gewinn nicht an den Gesellschafter ausgeschüttet so verbleibt es bei dieser Steuerbelastung.
Schüttet die Gesellschaft ihren Gewinn jedoch an ihre(n) Anteilseigner aus, so entstehen zusätzlich 25% Abgeltungssteuer auf den Ausschüttungsbetrag sofern es sich beim Gesellschafter um eine natürliche Person handelt. In Summe liegt die Gesamtsteuerbelastung des Gesellschafters nach Ausschüttung bei knapp 50%.
Sofern Ausschüttungen jedoch nicht direkt an eine natürliche Person als Gesellschafter sondern an eine weitere Kapitalgesellschaft fließen werden diese zu 95% steuerbefreit. In Summe entsteht eine Steuerbelastung der ausgeschütteten Beträge von 1,5% (5% steuerpflichtig x 30% Steuersatz).
Ebenso werden Gewinne aus Veräußerung von Aktien und GmbH-Anteilen ab gewissen Mindestbeteiligungshöhen zu 95% steuerbefreit sofern die Gesellschafterin eine GmbH ist.
Um diese 95%ige Steuerentlastung zu erhalten, müssen die Anteile an der operativ tätigen Gesellschaft, also einer Kapitalgesellschaft, gehören. Diese Kapitalgesellschaft (i.d.R. eine GmbH) hat oft nur den Zweck „Anteile zu halten und zu verwalten“.
Neudeutsch spricht man von einer Holding. Es handelt sich jedoch um eine deutsche GmbH die nach den allgemeinen Regeln des deutschen GmbH-Gesetzes gegründet wird.
Eine allgemeinverbindliche Aussage hierzu ist schwierig. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die nachfolgenden Situationen Anlass sind über solch eine Struktur ernsthaft nachzudenken:
Der einfachste Weg solch eine Struktur zu errichten ist direkt zu Beginn der unternehmerischen Tätigkeit. In diesem Fall werden statt der Gründung einer „einfachen“ GmbH direkt zwei GmbHs als Bargründung errichtet, wovon eine die Mutter (Holding) und die andere die operativ tätige Tochtergesellschaft ist. In diesem Fall sind für die spätere Anteilsveräußerung keine Sperrfristen zu beachten.
Hat man jedoch bereits eine gut gehende operative GmbH so müsste man die Anteile an dieser GmbH zu einem fremdüblichen Preis an die Holding GmbH verkaufen. Dies würde eine entsprechend hohe Steuerbelastung auf den Veräußerungsgewinn auf Ebene des Gesellschafters auslösen. Deshalb nutzt man stattdessen häufig die Möglichkeiten, die das Umwandlungssteuergesetz bietet. Es ist nämlich möglich die Holding-Gesellschaft dadurch zu gründen, dass man die Anteile an der operativ tätigen GmbH im Wege einer „Sachgründung“ in die Holding-GmbH einlegt. In dem Fall wird das Stammkapital der Holdinggesellschaft nicht durch Einzahlung (i.d.R. 25.000 €) erbracht, sondern dadurch, dass der Gesellschafter die Anteile an der bisherigen GmbH einlegt.
Der Gründungsvorgang gestaltet sich dann etwas aufwendiger, kann dann jedoch ohne Auslösung einer Steuerbelastung beim Gesellschafter vollzogen werden. Das Umwandlungssteuerrecht schreibt bei dieser Variante eine 7-jährige Behaltefrist vor. Kommt es innerhalb dieser Sperrfrist zu Veränderungen an der Beteiligungsstruktur so wird rückwirkend auf den Gründungszeitpunkt eine – in vielen Fällen beachtliche – Steuerbelastung ausgelöst.
Nach unserer Erfahrung bedarf die Abwägung zur Errichtung solch einer Struktur im Vorfeld einer objektiven und fundierten Beratung, in der alle Vor- und Nachteile (inkl. Kosten) offen kommuniziert und gegeneinander abgewogen werden.
Sofern die Entscheidung für die Struktur gefallen ist, bedarf es einer sorgfältigen und strukturierten Vorbereitung des Gründungsvorgangs, damit in der Betriebsprüfung später keine ungewollten Überraschungen auftreten.
Die Zusammenarbeit mit in diesem Bereich erfahrenen Rechtsanwälten und Notaren ist aus unserer Sicht Pflicht.
Wir haben in den letzten 15 Jahren eine Vielzahl von Mandant:innen bei der Umsetzung von Holding-Strukturen begleitet. Die Beweggründe sind in der Praxis sehr unterschiedlich. Die Vor- und Nachteile sind in jedem Fall individuell abzuwägen, um den zusätzlichen Verwaltungsaufwand dauerhaft ins Verhältnis zum zusätzlichen Nutzen zu stellen.
Dipl.-Betriebswirt (BA)
MBA (International Taxation)
Steuerberater
Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.).