13. Nov 2019
Kann für vermögende Ehegatten interessant sein: Die Güterstandsschaukel als Mittel zur steuerfreien Vermögensübertragung.
Durch den Fall Winterkorn ist ein legales Instrument zur steueroptimierten Übertragung von Vermögen unter Ehegatten in den Fokus der Öffentlichkeit geraten.Wir erklären Ihnen worum es bei der Güterstandsschaukel geht, wie sie funktioniert und für wen sie sich eignet.
Die Süddeutsche Zeitung berichtete am 31.7.2018 öffentlichkeitswirksam über das „Steuersparmodell“ des früheren VW-Chefs Martin Winterkorn. Er soll die Gestaltung genutzt haben um Vermögen in Sicherheit zu bringen und dabei erhebliche Summen an Schenkungsteuer gespart haben.
Die Güterstandsschaukel ist ein Instrument zur steueroptimierten Vermögensübertragung von einem Ehegatten auf den anderen, vorausgesetzt einer der beiden Ehegatten hat einen deutlich höheren Zugewinn erzielt.
Soll eine Vermögensübertragung unter Ehegatten stattfinden, ohne dass die Ehe beendet oder der Güterstand gewechselt wird, ist dies nur durch eine Schenkung möglich. Da Ehegatten ein Schenkungsteuerfreibetrag in Höhe von 500.000 € zur Verfügung steht, lösen größere Übertragungen Schenkungsteuer aus.
Schenkt beispielsweise ein Ehepartner dem anderen einen Betrag von 2,0 Mio. € so unterliegen 1,5 Mio. € der Schenkungsteuer. Hierauf entfällt Schenkungsteuer in Höhe von 19 v. H., d. h. es werden 285.000 € Schenkungsteuer fällig.
Das Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht stellt den gesetzlichen Zugewinnausgleichsanspruch der Ehegatten untereinander frei. Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist faktisch zunächst eine Gütertrennung. Dies bedeutet, dass die Ehegatten nicht etwa gemeinsames Vermögen erwerben, sondern grundsätzlich jeder Ehegatte sein Vermögen behält, das er während der Ehezeit erwirtschaftet hat.
Bei der häufig anzutreffenden Konstellation, dass ein Ehegatte beruflich erfolgreich ist, während der andere sich um die Erziehung der gemeinsamen Kinder und den Haushalt kümmert, erwirbt zunächst der erwerbstätige Ehegatte Vermögen. Von Gesetz wegen findet ein Ausgleich über den Zugewinn erst bei Beendigung durch Tod, oder Scheidung statt.
Die Eheleute EM und EF leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Sie entscheiden sich, diesen zu beenden und zum Güterstand der Gütertrennung zu wechseln. Das Anfangsvermögen von EM hat 50 T€ betragen und das von EF 10 T€. Das Endvermögen beträgt für EM 4,14 Mio. € und für EF 100 T€.
Ehemann | Ehefrau | ||
---|---|---|---|
Anfangsvermögen | 50.000 EUR | 10.000 EUR | |
Endvermögen | 4.140.000 EUR | 100.000 EUR | |
jeweiliger Zugewinn | 4.090.000 EUR | 90.000 EUR | |
Zugewinn EM | 4.090.000 EUR | ||
abzgl. Zugewinn EF | ./. 90.000 EUR | ||
übersteigender Zugewinn EM | 4.000.000 EUR | ||
Hiervon 1/2 = Zugewinnausgleichsforderung EF | 2.000.000 EUR |
Auch wenn die Gestaltung auf den ersten Blick ein „Geschmäckle“ haben mag, handelt es sich um eine rechtlich nicht zu beanstandende Vorgehensweise, denn Ehegatten steht es frei, den Güterstand, in dem sie leben wollen, selbst zu wählen und dies auch mehrfach (BFH, Urteil vom 12.07.2005, II R 29/2).
Eine solche Vermögensübertragung während der laufenden Ehe spart zunächst Schenkungsteuer.
Würde der Zugewinnausgleich – wie im obigen Beispiel 2,0 Mio. Eurobetragen, so könnte der gesamte Betrag steuerfrei übertragen werden. Das Ehepaar würde 285.000 € Schenkungsteuer sparen.
Eine Vermögensübertragung während der laufenden Ehe kann beispielsweise auch gewünscht sein, um eine steueroptimierte Übertragung des Vermögens auf die Nachfolgegeneration vorzubereiten. Würde diese nämlich nur von einem Elternteil erben oder Schenkungen erhalten, dann bliebe der Steuerfreibetrag des nicht vermögenden Ehegatten ungenutzt.
Ein weiterer Grund kann, wie im Fall Winterkorn, darin bestehen, Vermögen dem Zugriff etwaiger Gläubiger zu entziehen. Entgegen einer weit verbreiteten Ansicht haften nämlich Ehegatten nicht für die Schulden des Ehepartners.
Die Güterstandsschaukel wird auch eingesetzt, um Pflichtteilsansprüche nichtehelicher Kinder des vermögenden Ehegatten, also beispielsweise Kinder aus der ersten Ehe oder uneheliche Kinder, zu reduzieren. Ein detailiertes Beispiel zur Berechnung der Zugewinnausgleichsforderung finden Sie in der Tabelle.
Die Gestaltung birgt auch erhebliche Risiken. Werden zur Erfüllung des Zugewinnausgleichsanspruchs keine Barmittel eingesetzt sondern bspw. Firmenanteile oder „steuerverstrickte“ Immobilien übertragen , so löst der Ausgleich des Zugewinns steuerlich eine Veräußerungsgewinnbesteuerung bei der Einkommensteuer aus. Die Belastungen sind in der Regel deutlich höher als die Steuerersparnis bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Eine umsichtige steuerliche Planung ist daher unerlässlich.
Dipl.-Betriebswirt (BA)
MBA (International Taxation)
Steuerberater
Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV e.V.).