Gastbeitrag: Zukunft Personal. Chancen für den Mittelstand.

13. Dez 2016

Die vier Megatrends der Arbeitswelt.

Die Ausgangslage:
Es klingt nicht nur bedrohlich, es ist auch so: Bis zum Jahr 2030 verlieren wir ca. 6 Millionen Erwerbstätige wegen des Übergangs in die Rente. Das ist die Hälfte der Einwohner von Baden-Württemberg. Wenn Sie jetzt nervös werden, wenn Sie an künftige Mitarbeiter denken, ist das ein schlechtes Zeichen. Denn es bedeutet, dass Sie sich als Arbeitgeber bisher darüber noch keine Gedanken gemacht haben. Wenn Sie hingegen zwar wissen, dass es fünf vor zwölf ist, aber Sie zumindest einen Plan haben – gut für Sie. Noch besser, wenn Ihr Plan den künftigen Megatrends der Arbeitswelt gerecht wird.

Die vier Megatrends:

1. Individualisierung:
Noch nie waren Lebens-und Arbeitsentwürfe so vielfältig und unterschiedlich wie heute. Normierte Karriereverläufe, lebenslange Festanstellung und die damit verbundene Klarheit sind Vergangenheit. Vorgesetzte, Firmeninhaber und Personalverantwortliche entwickeln sich zum Partner der aktiven Lebensgestaltung im beruflichen und teilweise auch im privaten Umfeld. Neuartige Forderungen der Beschäftigten (Führen in Teilzeit, längere Auszeiten und Serviceunterstützungen für die Koordination von Familie und Beruf) sind Ausdruck dieser stark zunehmenden Individualisierung. Insbesondere die jüngeren Beschäftigten sehen dies als selbstverständliches Dienstleistungsangebot der Arbeitgeber an.

2. „Silver Workers“:
In Deutschland lebten 2010 erstmals mehr Angehörige der Generation 65 plus als in der Gruppe jünger als 20 Jahre. Zum ersten Mal werden Mitarbeiter so knapp, dass sich die Machtverhältnisse auf dem Arbeitsmarkt umdrehen. Die Wirtschaftswoche spricht von der „neuen Macht der Arbeitnehmer“. Gleichzeitig verhalten sich diese „neuen Alten“ anders als frühere Generationen. Sie sind selbstbewusst, energiegeladen und in der Regel sehr gesund und fit. Beste Voraussetzungen für längere Arbeitsphasen über die bisherigen Altersgrenzen hinaus und eine große Chance, den hohen Exodus von gut ausgebildeten Arbeitskräften etwas hinauszuzögern.

3. Frauen in Führung:
Den Frauen gehört die Zukunft. So gut ausgebildet wie noch nie, haben sie die Chance, in Fach-und Führungspositionen ihren längst überfälligen Beitrag zu leisten. Der demografische Wandel und veränderte Rollenbilder der Gesellschaft werden dies befördern. Frauenförderung ist deshalb nicht nur ein Gebot von „ diversity“. Es ist schlichtweg überlebensnotwendige Personalstrategie, die qualifizierten Frauen über vielfältig unterstütze Serviceprogramme für die Familien zu unterstützen. Vor allem ist es erforderlich , die Frauen durch systematische Qualifikation betriebsintern zu fördern. Dies verändert dann auch schnell die Firmenkultur.

4. Bildung:
Das Arbeitskräftepotenzial sinkt, der Bedarf an Innovationen steigt. Die Antwort hierauf heißt Bildung. Niedriglohnjobs werden exportiert, aber die Lücke bei den Hochqualifizierten steigt und die Talente werden knapp. Systematisches Lernen als Lust am Lernen ein Leben lang muss auf der Agenda des verantwortlichen Managements ganz oben stehen – neben den klassischen Weiterbildungsangeboten auch das Selbstlernen. Denn natürlich entlässt niemand seine Mitarbeiter aus ihrer Selbstverantwortung. Aber der Arbeitgeber macht die intelligenten Angebote: kollegiale Teamberatung, informeller Wissensaustausch und Mentoring im Austausch – die Führungskraft lernt vom Mitarbeiter und umgekehrt.


Chancen für KMU:
Sie denken vielleicht, das überfordere den Mittelstand. Weit gefehlt.
Mein Tipp: Bauen sie Ihre Arbeitgebermarke auf, neudeutsch „Employer Branding“. Seien sie sich Ihrer Stärken bewusst: kleinere, oft inhabergeführte Unternehmen haben eine spezifische Unternehmenskultur mit persönlicher Prägung. Im Gegensatz zu anonymen Kapitalgesellschaften. Formulieren Sie Ihre Kultur und veröffentlichen Sie diese! Lassen Sie Ihre Beschäftigten auf Ihrer Website (hat diese noch einen erfrischenden Look?) z.B. in Blogs berichten, welche Kultur Ihr Unternehmen auszeichnet, welche anspruchsvollen Aufgaben Sie anzubieten haben. Denn potenzielle Bewerber wollen realistische Informationen zu Ihnen als Arbeitgeber, zu flexiblen Arbeitszeiten oder Betreuungsmöglichkeiten.

Rekrutierung:
Die alte Stellenanzeige hat ausgedient. Entwickeln Sie ein zu Ihrem Betrieb passendes neues Konzept. Ein Bestandteil sollte unbedingt ein Mitarbeiterempfehlungsprogramm sein, denn Ihre Beschäftigten sind Ihre ersten Botschafter im Arbeitsmarkt. Und gehen Sie auch mal ungewöhnliche Wege! Wie etwa ein Betrieb aus dem Westerwald: Man suchte dringend Schweißer, ohne Erfolg. Das Unternehmen schaltete daraufhin Anzeigen in den Vereinsjournalen der umliegenden Fußballklubs: „500 Euro für Ihre Vereinskasse, wenn Sie uns ein Vereinsmitglied als Schweißer vermitteln und wir ihn einstellen“. Die Resonanz war überragend.

Mitarbeiterbindung:
Die erste Quelle der Rekrutierung sind die Mitarbeiter, die Sie schon haben. Sorgen Sie durch Fördern und Fordern dafür, dass Sie keine Mitarbeiter ungewollt verlieren. Finden sie gemeinsam mit Ihren Beschäftigten heraus, was den größten Effekt für die Mitarbeiterbindung hat. Wenn dies das Thema „familienorientierte Unternehmenspolitik“ ist, Sie jedoch nur ein kleiner Betrieb sind, dann schließen Sie sich mit anderen Unternehmen oder kommunalen Trägern zusammen. Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen sind zentrale Wohlfühlfaktoren. Flexible Arbeitszeiten gehören ebenso dazu. Entwickeln Sie Gleitzeitmodelle oder mobile Schichtsysteme unter Wahrung der gleichberechtigten Interessen von Betrieb und Beschäftigten.

Fazit:
Definieren sie die Lernfelder Ihres Unternehmens für die Zukunft. Entwickeln Sie eine Lernkultur, die Freude macht und in der lernen belohnt wird. Beziehen Sie die älteren Beschäftigten mit ein. Dies braucht alles Zeit und geht nicht über Nacht. Aber starten Sie so schnell wie möglich und entwickeln Sie die für Ihren Betrieb passende neue Unternehmenskultur mit Blick auf die umwälzenden Veränderungen am Arbeitsmarkt. Als KMU haben Sie eine große Chance: Sie sind viel schneller als große Konzernbetriebe. Mit den meist flachen Strukturen der KMU werden Marktveränderungen schneller wahrgenommen und somit auch schneller umgesetzt. Viel Erfolg!


Artikel vom 11.12.2012, aktualisiert am 13.12.2016

Jeder mittelständische Betrieb kann ein Arbeitgeber der Zukunft werden. Moderne Instrumente der Personal-arbeit sind eine Frage der Kreativität und der Innovation, nicht des Geldes und der Ressourcen.


Rudolf Kast

Rudolf Kast

Seit 1.1.2011 Inhaber der Personalmanagementberatung KAST.
DIE PERSONALMANUFAKTUR.

Rudolf Kast
Burgblick 17
79299 Wittnau

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Langjähriger Leiter Human Resources, Mitglied der Geschäftsleitung der SICK AG bis 31.12.2010, Rechtsanwalt, Anwaltmediator, zertifizierter Coach. Spezialisiert auf strategiewirksame Personalarbeit und die operative Umsetzung. Vorsitzender des Vorstands des ddn (Das Demographie Netzwerk e.V.), Themenbotschafter Wissen und Kompetenz von INQA (Initiative neue Qualität für Arbeit des Bundes-ministeriums für Arbeit und Soziales), Mitglied des Fachbeirates der Personalwirtschaft, Lehrbeauftragter an den Dualen Hochschulen in Lörrach und Villingen-Schwenningen für Personalmanagement. Vielfacher Fachautor.

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